Seit 2021 ist die schmerzhafte Kastration ohne Betäubung bei Ferkeln verboten. Mögliche Alternativen stehen weiterhin in der Diskussion.
Über die betäubungslose Ferkelkastration und ihr Verbot wird seit Jahren in Politik und Öffentlichkeit diskutiert. Großen Einfluss haben dabei vor allem die Stimmen der Akteur_innen aus Landwirtschaft und Tierproduktion ebenso wie die der Tierschutzorganisationen. Doch obwohl der Tierschutz in der Debatte in Deutschland eine große Rolle spielt, ist der Einfluss der Agrarlobby im Bereich der “Nutztierpolitik” immens. 2018 konnte sie dadurch eine Fristverlängerung für das Inkrafttreten des Verbots bewirken (1).
Seit 2021 dürfen Betriebe die Kastration der Ferkel nicht mehr ohne Betäubung durchführen. Die alternativen Methoden für die betäubungslose Ferkelkastration bleiben Teil der Debatte und werden auch künftig noch relevant für die Tierschutzarbeit sein.
(1) Grunenberg, M. (2018). Von Sinn und Unsinn der Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration: Kommunikationseffekte in der deutschen Nutztierpolitik am Beispiel einer aktuellen Debatte. Kiel: Self-Publishing of Department of Agricultural Economics, Kiel. (= Working Papers of Agricultural Policy).
Seit dem 01. Januar 2021 gilt das Verbot für die betäubungslose Kastration von Ferkeln, die gewöhnlich in der ersten Lebenswoche durchgeführt wird. Bereits 2013 wurde das Tierschutzgesetz geändert, um dieser Praxis ein Ende zu bereiten (2).
Die Kastration soll den sogenannten Ebergeruch vermeiden, den männliche Tiere entwickeln können. Einige Menschen nehmen diesen Geruch im Fleisch wahr und empfinden ihn als unangenehm. Dass die kastrierten Ferkel weniger aggressiv und dominant sind, ist für die Betriebe ein willkommener Nebeneffekt (3).
Beides ist Teil des arttypischen Sozialverhaltens, kann aber unter anderem durch den Platzmangel in den Betrieben zu ernsthaften Verletzungen führen (4).
Bis zur Änderung des Tierschutzgesetzes 2013 wurde die betäubungslose Ferkelkastration vom eigentlich geltenden Amputationsverbot ausgenommen und in Deutschland routinemäßig durchgeführt. Als wissenschaftliche Untersuchungen anhaltende Schmerzen für die Ferkel durch den betäubungslosen Eingriff belegten, wurde im neuen Tierschutzgesetz das Verbot dieser Praxis beschlossen. Für die Betrieben galt eine Übergangsfrist bis zum 01. Januar 2019 (5).
Trotz jahrelanger Möglichkeit zur Vorbereitung standen in den Augen der Agrarlobby und der landwirtschaftlichen Betriebe auch bis kurz vor Ende dieser Frist keine Alternativverfahren flächendeckend zur Verfügung. Die Politik reagierte und beschloss eine weitere Fristverlängerung um zwei Jahre (6).
Wenn Sie [SENSIBLE INHALTE EINBLENDEN] anklicken, sehen Sie wie ein Ferkel kastriert wird.
(2) Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). (2021, 16.03.). Ausstieg aus der betäubungslosen Ferkelkastration.
(3) Bonneau, M., & Weiler, U. (2019). Pros and cons of alternatives to piglet castration: Welfare, boar taint, and other meat quality traits. Animals, 9(11), 884.
(4) Ekesbo, I., & Gunnarsson, S. (2018). Farm animal behaviour: characteristics for assessment of health and welfare. CABI.
(5) Veit, C., Marahrens, M., Schwarzlose, I., Krause, E. T., & Schrader, L. (2017). Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration in Deutschland: Überblick zum aktuellen Stand der Forschung. Berliner und Münchener Tierärztliche Wochenschrift, 131.
(6) Deutscher Bundestag (2018). Fristverlängerung bei Ferkelkastration. Parlamentsnachrichten.
In dem folgenden Kapitel geben wir einen Überblick der gängigen Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration basierend auf relevanten und aktuellen wissenschaftlichen Veröffentlichungen.
Bei der Haltung von Ebern ist kein Eingriff in die körperliche Integrität notwendig und die Schweine bleiben aufgrund ausbleibender Kastration unversehrt. Allerdings müssen die Betriebe laut tierschutzfachlichen Einschätzungen ihr Management anpassen - bei der Haltung angefangen über Transport bis zum Wartebereich im Schlachthof (7). Die Eber sind aktiver und leben arttypisches Verhalten, wie Rangordnungskämpfe, mehr aus. Das Risiko für Verletzungen ist daher höher (8).
Hier sei aber erwähnt, dass der scheinbar nötige Mehraufwand zur Anpassung des Managements nur aufgrund der aktuellen Haltungsbedingungen zustande kommt. Kastrierte Schweine sind ruhiger und konnten daher in immer kleineren Buchten mit mehr Tieren gehalten werden. Das muss nun quasi rückgängig gemacht werden.
Verschiedene Autor_innen (9), (10), (11), (12) empfehlen daher:
● kleinere und stabile Gruppen ohne häufigen Wechsel, damit die Schweine schneller eine Rangordnung bilden können
● höheres Platzangebot (10 Prozent)
● Angebot von Beschäftigungsmaterial
● getrenntgeschlechtliche Haltung, um Schwangerschaften vorzubeugen
Obwohl eine Studie keine erneuten Rangordnungskämpfe nach dem Entfernen, also dem Schlachten, von einigen Tieren aus den Gruppen feststellen konnte (13), warnt das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) ebenfalls vor den oben genannten Risiken. Unter den “vorherrschenden Haltungsbedingungen” könnten sich die Eber durch Kämpfe und Aufsteigen vor allem zum Ende der Mast ernsthaft gegenseitig verletzen (14).
Die Impfung gegen Ebergeruch ist eine Methode, die seit über 20 Jahren in verschiedenen Ländern genutzt wird und bereits seit 2009 in der EU zugelassen ist (15). Die Tiere werden dafür zweimalig in der Mastphase geimpft (16). Es wird eine immunologische Reaktion ausgelöst. Sie unterdrückt die für den Ebergeruch verantwortliche Hormonbildung (17).
Die Belastung für die Tiere beschränkt sich hier auf die Injektionen und es wird nicht schwerwiegend in die körperliche Unversehrtheit eingegriffen (18). Das kann sich allerdings ändern, wenn die Tiere in größeren Gruppen oder in Freilandhaltungen leben, in denen sie zusätzlich durch das Fangen gestresst werden (19).
Neben der Bundestierärztekammer (20) empfiehlt auch das FLI die Immunokastration in einer Stellungnahme: “Aus tierschutzfachlicher Sicht [ist] die Impfung gegen Ebergeruch daher die mit Abstand geeignetste Alternative zur betäubungslosen Ferkelkastration” (21). Als Begründung wurden hier ebenfalls die geringere Belastung der Tiere durch kurzzeitiges Fixieren und den Einstich genannt.
Die chirurgische Kastration unter Inhalationsnarkose mit Isofluran ist in Deutschland seit 2018 für Schweine zugelassen. Die Landwirt_innen dürfen sie laut Ferkelbetäubungssachkundeverordnung selbst durchführen. Das bedeutet allerdings, dass die Tiere bei Narkosezwischenfällen nicht tierärztlich behandelt werden können (22).
Bei dieser Methode müssen die Ferkel zweimal manipuliert werden. Einmal zur Schmerzmittelinjektion gegen postoperative Schmerzen und einmal für die Fixierung. Dabei werden sie rücklings in eine spezielle Apparatur gelegt und eingespannt. Über Mund und Nase wird eine Maske gesetzt, über die das Isofluran zugeführt wird, das nach einigen Sekunden zum vollständigen Verlust des Bewusstseins führt. Im Anschluss an die Kastration werden die Ferkel schnell wieder wach und sind bewegungsfähig (23).
Für eine wirksame Narkose ist es notwendig, dass die Apparatur zu der Größe der Ferkel passt (24). Außerdem ist eine individuelle Dosierung und ausreichende Einleitungsdauer der Narkose entscheidend (25).
Mithilfe der Injektionsnarkose werden die Ferkel für die chirurgische Kastration in Vollnarkose versetzt. Die Narkose muss von Tierärzt_innen durchgeführt werden, die so zumindest bei Narkosezwischenfällen schnell eingreifen können (26).
Eine sachgerechte Anwendung schaltet die Schmerzwahrnehmung vollständig aus (27). Es darf aber nicht vergessen werden, dass die Ferkel zum Zeitpunkt des Eingriffs erst wenige Tage alt sind. Die Verstoffwechselung der Arzneimittel ist wegen der noch unvollständigen Leber- und Nierenfunktion eingeschränkt und birgt im Rahmen der Betäubung ein Risiko für die Ferkel (28).
Ein weiterer Nachteil dieser Narkoseform ist die lange Nachschlafphase, weshalb die Ferkel für mindestens drei Stunden von der Mutter getrennt werden müssen. So soll verhindert werden, dass die Sau sie unbeabsichtigt erdrückt. In dieser Zeit besteht das Risiko, dass die Ferkel unterkühlen. Die Jungen verpassen zudem mehrere Mahlzeiten bei der Mutter, wodurch es anschließend nochmals zu Rangordnungskämpfen der Geschwister an den Zitzen kommen kann (29), (30). Die postoperative Beobachtung ist aufgrund des Risikos der Unterkühlung und von Verletzungen sehr wichtig (31).
(7) Steffen, L. (2020). Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration (Doctoral dissertation, Hochschule Neubrandenburg).
(8) Blaha, T., Knees, M., Müller, K. & Verhaagh, M. (2020). Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration. Bonn: Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE).
(9) Blaha, T., Knees, M., Müller, K. & Verhaagh, M. (2020). Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration. Bonn: Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE).
(10) Steffen, L. (2020). Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration (Doctoral dissertation, Hochschule Neubrandenburg).
(11) Harter, V. (2017). Vergleichende Verhaltensbeobachtung bei männlichen chirurgisch kastrierten, immunokastrierten und unkastrierten Mastschweinen (Doctoral dissertation, Ludwig-Maximilians-Universität München).
(12) Veit, C., Marahrens, M., Schwarzlose, I., Krause, E. T., & Schrader, L. (2017). Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration in Deutschland: Überblick zum aktuellen Stand der Forschung. Berliner und Münchener Tierärztliche Wochenschrift, 131.
(13) Bünger, B., Zacharias, B., & Schrade, H. (o.D.). Agonistische Interaktionen bei rein-und gemischtgeschlechtlicher Ebermast. Leipziger Blaue Hefte, 612.
(14) Mettenleiter, T. C., Schwarzlose, I., Krause E. T. & Schrader, L. (2018). Impfung gegen Ebergeruch - tierschutzfachlich der beste Weg. Friedrich-Loeffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, Greifswald - Insel Riems.
(15) Blaha, T., Knees, M., Müller, K. & Verhaagh, M. (2020). Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration. Bonn: Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE).
(16) Veit, C., Marahrens, M., Schwarzlose, I., Krause, E. T., & Schrader, L. (2017). Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration in Deutschland: Überblick zum aktuellen Stand der Forschung. Berliner und Münchener Tierärztliche Wochenschrift, 131.
(17) Steffen, L. (2020). Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration (Doctoral dissertation, Hochschule Neubrandenburg).
(18) Steffen, L. (2020). Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration (Doctoral dissertation, Hochschule Neubrandenburg).
(19) Čandek-Potokar, M., Škrlep, M., & Zamaratskaia, G. (2017). Immunocastration as alternative to surgical castration in pigs. Theriogenology, 6, 109-126.
(20) Bundestierärztekammer (BTK). (2018, 06.10.). Gemeinsam für den Tierschutz. Tierärzte sagen “Nein!” zur Verlängerung der betäubungslosen Ferkelkastration. Gemeinsame Presseinformation mit Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V. und Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft e.V. vom 06.10.2018.
(21) Mettenleiter, T. C., Schwarzlose, I., Krause E. T. & Schrader, L. (2018). Impfung gegen Ebergeruch - tierschutzfachlich der beste Weg. Friedrich-Loeffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, Greifswald - Insel Riems.
(22) Steffen, L. (2020). Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration (Doctoral dissertation, Hochschule Neubrandenburg).
(23) Steffen, L. (2020). Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration (Doctoral dissertation, Hochschule Neubrandenburg).
(24) Steffen, L. (2020). Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration (Doctoral dissertation, Hochschule Neubrandenburg).
(25) Veit, C., Marahrens, M., Schwarzlose, I., Krause, E. T., & Schrader, L. (2017). Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration in Deutschland: Überblick zum aktuellen Stand der Forschung. Berliner und Münchener Tierärztliche Wochenschrift, 131.
(26) Steffen, L. (2020). Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration (Doctoral dissertation, Hochschule Neubrandenburg).
(27) Steffen, L. (2020). Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration (Doctoral dissertation, Hochschule Neubrandenburg).
(28) Harter, V. (2017). Vergleichende Verhaltensbeobachtung bei männlichen chirurgisch kastrierten, immunokastrierten und unkastrierten Mastschweinen (Doctoral dissertation, Ludwig-Maximilians-Universität München).
(29) Veit, C., Marahrens, M., Schwarzlose, I., Krause, E. T., & Schrader, L. (2017). Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration in Deutschland: Überblick zum aktuellen Stand der Forschung. Berliner und Münchener Tierärztliche Wochenschrift, 131.
(30) Steffen, L. (2020). Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration (Doctoral dissertation, Hochschule Neubrandenburg).
(31) Bonneau, M., & Weiler, U. (2019). Pros and cons of alternatives to piglet castration: Welfare, boar taint, and other meat quality traits. Animals, 9(11), 884.
Da ökonomische Abwägungen auch die Betriebe betreffen, verglich das Thünen-Institut für Betriebswirtschaft 2019 die Wirtschaftlichkeit der Alternativen. Die Forscher_innen stellten fest, dass alle Mastbetriebe bei Anwendung der Ebermast und Immunokastration mittelfristig genauso rentabel sein würden wie zuvor.
In der Sauenhaltung, in der die Ferkel kastriert werden würden, zeigten sich geringere Rentabilitäten bei der Inhalations- und noch deutlicher bei der Injektionsnarkose. In einem gewissen Rahmen könnten die Kosten bei der Inhalationsnarkose durch Subventionen für die Geräteanschaffung abgefedert werden.
Fazit der Studie ist, dass aus Tierschutzsicht die Ebermast und Immunokastration am besten abschneiden und damit aus Sicht der Kosten und Nutzen am geeignetsten sind (32).
(32) Verhaagh, M., & Deblitz, C. (2019). Wirtschaftlichkeit der Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration– Aktualisierung und Erweiterung der betriebswirtschaftlichen Berechnungen (No. 1422-2019-1565). Thünen Institut für Betriebswirtschaft.
In der Diskussion um die Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration steht auch die Lokalanästhesie zur Debatte. Die Ferkel sind während der Kastration bei vollem Bewusstsein und werden lediglich lokal im Bereich der Hoden betäubt. Bisher ist als einziges Lokalanästhetikum Procain bei Schweinen zugelassen (33).
Aktueller wissenschaftlicher Konsens ist, dass die Lokalanästhesie keine Schmerzausschaltung herbeiführt und somit nicht den Anforderungen des Tierschutzgesetzes entspricht. Neben den Schmerzen durch die Kastration sind bereits die Injektionen für die Ferkel sehr schmerzhaft (34), (35).
Dennoch wird weiterhin zur Lokalanästhesie geforscht, wie die jüngsten Veröffentlichungen zeigen. Ein Vergleich der beiden Lokalanästhetika Procain und Lidocain zeigt anhand verschiedener Stressparameter wie Cortisolauschüttung und Abwehrreaktionen keine vollständige Schmerzausschaltung während der Kastration. Deutliche Stressreaktionen deuten darauf hin, dass bereits die Injektion von Procain schmerzhaft für die Ferkel ist. Insgesamt sind die Stressreaktionen bei der Kastration mit Procain vergleichbar oder sogar höher als ohne Betäubung. Aber auch Lidocain bewirkt nur in geringem Maße eine Reduktion der kastrationsbedingten Stressreaktion (36).
Eine Studie bestätigt diese Ergebnisse mithilfe anderer Stressparameter. Das Fazit lautet daher, dass zukünftig auf andere Methoden wie Ebermast, Immunokastration oder Allgemeinanästhesie zur chirurgischen Kastration zurückgegriffen werden müsse (37).
Auch andere Studien kommen zu ähnlichen Ergebnissen. Sie untersuchten neben Procain und Lidocain weitere Lokalanästhetika auf ihre Wirkung untersucht. In allen Fällen führte keines der verwendeten Medikamente zu einer Schmerzausschaltung (38), (39), (40).
Die Studien betrachten verschiedene Arzneimittel, Dosierungen und Injektionsstellen und kommen bezüglich der Schmerzausschaltung zu gleichen Ergebnissen. Sie bestätigen damit die Erkenntnisse aus früheren Studien (41), (42), (43). Trotzdem wird weiter zur Lokalanästhesie geforscht. Vor allem an der Ludwig-Maximilians-Universität in München werden bis heute immer wieder Forschungsprojekte dazu gefördert und durchgeführt.
(33) Veit, C., Marahrens, M., Schwarzlose, I., Krause, E. T., & Schrader, L. (2017). Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration in Deutschland: Überblick zum aktuellen Stand der Forschung. Berliner und Münchener Tierärztliche Wochenschrift, 131.
(34) Blaha, T., Knees, M., Müller, K. & Verhaagh, M. (2020). Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration. Bonn: Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE).
(35) Steffen, L. (2020). Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration (Doctoral dissertation, Hochschule Neubrandenburg).
(36) Hofmann, K. (2019). Schmerz-und Stressbestimmung bei der Injektion und Kastration von Saugferkeln unter Lokalanästhesie mit Procain und Lidocain mittels Kortisol und Chromogranin A sowie Wundheilung, Gewichtsentwicklung und Saugferkelverlusten (Doctoral dissertation, Ludwig-Maximilians-Universität München).
(37) Rauh, A. (2019). Untersuchung der Schmerz-und Stressreaktionen bei der Injektion und Kastration von Saugferkeln unter Lokalanästhesie (Doctoral dissertation, Ludwig-Maximilians-Universität München).
(38) Abendschön, N. S. (2021). Vergleichende Untersuchung der Wirkung von Lokalanästhetika bei der Saugferkelkastration anhand des Abwehrverhaltens sowie die Erfassung von Nebenwirkungen (Doctoral dissertation, Ludwig-Maximilians-Universität München).
(39) Saller, A. M. (2021). Evaluation der Wirkung von Lokalanästhetika bei der chirurgischen Ferkelkastration unter Isofluran-Narkose anhand der Auswertung von klinischen und labordiagnostischen Parametern (Doctoral dissertation, Ludwig-Maximilians-Universität München).
(40) Schwennen, C., Dziuba, D., Schön, P., Kietzmann, M., Waldmann, K. H., & Altrock, A. V. (2020). Lokale Anästhesieverfahren zur Schmerzreduktion bei der Saugferkelkastration. Berliner und Münchener Tierärztliche Wochenschrift, 133.
(41) Zankl, A. (2007). Untersuchungen zur Wirksamkeit und Gewebeverträglichkeit von Lokalanästhetika bei der Kastration männlicher Saugferkel (Doctoral dissertation, Ludwig-Maximilians-Universität München).
(42) Zöls, S. (2006). Möglichkeiten der Schmerzreduzierung bei der Kastration männlicher Saugferkel (Doctoral dissertation, Ludwig-Maximilians-Universität München).
(43) Kluivers-Poodt, M., Houx, B. B., Robben, S. R. M., Koop, G., Lambooij, E., & Hellebrekers, L. J. (2012). Effects of a local anaesthetic and NSAID in castration of piglets, on the acute pain responses, growth and mortality. Animal, 6(9), 1469-1475.
Die Ferkel werden nicht aus medizinischen Gründen kastriert, sondern aus Gründen der Vermarktung (Ebergeruch) und Haltung (44). Die chirurgische Kastration ist ein schwerer und schmerzhafter Eingriff in die körperliche Unversehrtheit und nicht im Sinne der Tiere.
Die dadurch verursachten Schmerzen sind aufgrund der ähnlichen Physiologie und Anatomie mit Schmerzen bei Menschen zu vergleichen (45). Sie beeinträchtigen zweifellos das Wohlbefinden der Tiere.
Der Stress durch die Trennung von der Mutter ist ebenfalls zu berücksichtigen. Ferkel sind nervös und aktiv, während sie nach ihrer Mutter suchen. Die Belastung durch den Trennungsstress führt zu negativen Emotionen (46).
Sie rufen mit speziellen “Isolationsschreien” nach ihrer Mutter. Desto länger die letzte Mahlzeit zurück liegt, desto stärker werden die Rufe und offensichtlich der Drang, zur Mutter zurückzukehren (47). Die Bedürfnisse der Ferkel sind eindeutig, bleiben jedoch unberücksichtigt.
Die Ferkel beeinflussen sich außerdem gegenseitig. Eine Studie zu Verhaltensänderungen bei Ferkeln, von denen einige kastriert und andere nur gefangen wurden zeigt, dass negative Emotionen durch die Kastration auf Geschwister übergehen können, die selbst nicht kastriert wurden. Die Emotionen spiegeln Reaktionen auf Belastungssituationen wider, denen sie selbst nicht ausgesetzt waren (48).
Es ist ratsam, die Entwicklungen zur Lokalanästhesie weiter zu beobachten. Die Forschung scheint weiter in diese Richtung zu gehen, obwohl Studien immer wieder belegen, dass durch diese Methode der Eingriff nicht schmerzfrei wird. Doch selbst in diesen Studien soll die Lokalanästhesie als Alternative im Gespräch bleiben wohingegen die anderen Methoden eher abgewertet werden (49). Das missachtet die verfügbaren Alternativen und scheint den Stimmen aus der Landwirtschaft zu folgen, für die die Lokalanästhesie der finanziell günstigste Weg wäre (50), (51).
Wie groß der Einfluss der Agrarlobby ist, wurde zuletzt bei der Fristverlängerung für die betäubungslose Kastration deutlich. Politik und Wirtschaft haben es nicht geschafft, sich rechtzeitig auf eine oder mehrere verfügbare Alternativen einzulassen (52).
Es ist daher wichtig, den wissenschaftlichen Konsens zur Lokalanästhesie weiter zu kommunizieren und nicht in die Liste der Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration einzureihen.
Liegt der Fokus der Tierschutzarbeit auf dem Ausstieg aus der (chirurgischen) Kastration, kann auf andere Länder verwiesen werden. Die Ebermast ist seit vielen Jahren in Großbritannien und Irland etabliert. Durch Druck der Tierschutzorganisationen gewinnt das Verfahren auch in den Niederlanden und Belgien an Bedeutung. Mittlerweile sind circa 70 Prozent der niederländischen Schweine unkastriert. Länder wie Australien und Neuseeland haben bereits Erfahrungen mit der Immunokastration. Und auch in Belgien steigt die Zahl der Betriebe mit diesem Verfahren (53).
Wenn Sie den Button [SENSIBLE INHALTE EINBLENDEN] anklicken, sehen Sie das Hinterteil eines Ferkels mit frisch kupierten Schwanz und entfernten Hoden.
(44) Veit, C., Marahrens, M., Schwarzlose, I., Krause, E. T., & Schrader, L. (2017). Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration in Deutschland: Überblick zum aktuellen Stand der Forschung. Berliner und Münchener Tierärztliche Wochenschrift, 131.
(45) Appleby, M. C., Olsson, A. S., & Galindo, F. (Eds.). (2018). Animal welfare. Cabi.
(46) Fraser, D. (2009). Assessing animal welfare: different philosophies, different scientific approaches. Zoo Biology: Published in affiliation with the American Zoo and Aquarium Association, 28(6), 507-518.
(47) Weary, D. M., & Fraser, D. (1995). Calling by domestic piglets: reliable signals of need?. Animal Behaviour, 50(4), 1047-1055.
(48) Yun, J., Ollila, A., Valros, A., Larenza-Menzies, P., Heinonen, M., Oliviero, C., & Peltoniemi, O. (2019). Behavioural alterations in piglets after surgical castration: Effects of analgesia and anaesthesia. Research in veterinary science, 125, 36-42.
(49) Hofmann, K. (2019). Schmerz-und Stressbestimmung bei der Injektion und Kastration von Saugferkeln unter Lokalanästhesie mit Procain und Lidocain mittels Kortisol und Chromogranin A sowie Wundheilung, Gewichtsentwicklung und Saugferkelverlusten (Doctoral dissertation, Ludwig-Maximilians-Universität München).
(50) Hungerkamp, M. (2020, 22.05). Ferkelkastration: Heidl fordert Anerkennung der lokalen Betäubung. Agrarheute. https://www.agrarheute.com/tier/schwein/ferkelkastration-heidl-fordert-anerkennung-lokalen-betaeubung-568850 (letzter Aufruf 03.03.2022).
(51) Deutscher Bauernverband (DBV). (2018). “5 vor 12 für die deutsche Sauenhaltung!”. Erklärung des Präsidiums des Deutschen Bauernverbandes vom 27.06.2018 zur Lage der Ferkelerzeuger in Deutschland. (Link, letzter Aufruf 03.03.22)
(52) Verhaagh, M., & Deblitz, C. (2019). Wirtschaftlichkeit der Alternativen zur betäubungslo-sen Ferkelkastration–Aktualisierung und Erweite-rung der betriebswirtschaftlichen Berechnungen (No. 1422-2019-1565). Thünen Institut für Betriebswirtschaft.
(53) Bonneau, M., & Weiler, U. (2019). Pros and cons of alternatives to piglet castration: Welfare, boar taint, and other meat quality traits. Animals, 9(11), 884.
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